PIPPO POLLINA & BAND

Musikalische »Freunde von gestern«

Von Inge Schneider (Wetterauer Zeitung)

 

Ortenberg (im). Mit stehendem Beifall hat das Publikum im Schlosshof das mehr als

zweistündige Konzert des sizilianischen Musikers, Komponisten und Songschreibers Pippo

Pollina und seines kongenialen Partners Roberto Petroli gefeiert.

 

Die Rückkehr des ebenso genialen wie sympathischen und bodenständigen Künstlers - nach

sieben Jahren »Ortenberg-Abstinenz« - wurde wie das Wiedersehen mit einem alten Freund

zelebriert, dessen musikalische Strahlkraft mit der Zeit womöglich noch an Reife und

Tiefgang gewonnen hat.

 

Doch waren keineswegs nur Rückblick und Nostalgie angesagt, dazu ist das Werk des heute

in Zürich lebenden Sängers mit der dynamischen, sensiblen und vielseitigen Stimme viel zu

aktuell und unverbraucht. Auch wenn das Motto »Best of Tour 2021« lautete, klang das

gesamte Song-Panorama des Abends wie soeben frisch aus dem Zusammenspiel zwischen

Pollina und Petroli entstanden, schufen beide Musiker funkelnde, einfallsreiche Soli am

Piano, an der Gitarre und am Tamburin, respektive am Saxofon und an der Klarinette, warfen

sich spielerisch Sequenzen zu und entwickelten immer neue, abwechslungsreiche

Klangwelten.

 

Für Toleranz in der Kunst

Das Konzert mit einem Pianosolo eröffnend, ging Pippo Pollina gleich im Anschluss auf die

Knie, um ein Zeichen gegen Rassismus, für Toleranz und die Freiheit der Kunst zu setzen.

Folgerichtig war das erste Duett mit Petroli - »A mani basse« - der 2016 verstorbenen

Boxlegende Muhammad Ali alias Cassius Clay gewidmet: »Vai, vai - Geh, geh durch den

Tunnel, bis du das Licht siehst, das dir den Weg weist.« Die Themen »Weg, Reise und

Freiheit« wurden gleich noch einmal mit dem Song »Anniventi« aufgegriffen,

Pippo Pollina blieb ihnen bis zum umjubelten Zugabenteil mit »Camminando« treu: »Wenn

du weitergehst und gehst, wirst du deine Straße finden, sie wird so sein, wie du sie dir

gewünscht hast und sie ist nicht weit weg.« Da sprach und sang der Kosmopolit und

begeisterte Reisende, am Mittelmeer und in der Welt zu Hause, immer zu Aufbruch, Wandel

und neuen Begegnungen bereit.

 

Natürlich gehörte »Mare, mare, mare« ins Programm, wenn Pippo Polina auch bekannte, die

Sizilianer, besonders die Städter, würden das Meer normalerweise gar nicht mehr wahrnehmen, weil es einfach immer da und mehr eine Heimat der Fische als der Menschen sei.

 

Den »Amici di ieri«, den »Freunden von gestern« widmeten beide Künstler ebenso fragile

Songs wie der Familie, den inspirierenden Wegbegleitern und Kollegen, wie dem vor zwei

Monaten verstorbenen Komponisten und Regisseur Franco Battiato, den man mit der quasi

unplugged inszenierten Rockballade »Finnegans Wake« nach dem letzten und höchst

komplexen Roman von James Joyce ehrte.

 

Die Kooperation Pippo Pollinas mit Konstantin Wecker war durch das zweisprachige Lied

»Terra« präsent, eine wundervolle Hommage an unseren Planeten inmitten der Milchstraße.

Um Jacques Brels berühmten, rauschhaften Chanson »Amsterdam« ins Italienische zu übertragen, bedurfte Pollina der Genehmigung der Witwe des Künstlers, die als äußerst anspruchsvoll galt, sich aber von der Version des sizilianischen Songpoeten überzeugen ließ.

Die Pandemie habe ihm viel Zeit geschenkt, ein Album mit 14 neuen Kompositionen sei entstanden, das im Januar 2022, kurz vor der nächsten Tournee, erscheinen werde, zudem habe er einen Roman geschrieben. »Und doch ist es so: Die Kunst braucht das Publikum - und

ich möchte hoffen, dass es auch umgekehrt ist«, sagte Pollina unter begeistertem Applaus.

Wunderschöne, einprägsame Melodien und das zum Gesang der Vögel gepfiffene »Chiramonte Gulfi« beschlossen einen Ausnahmeabend mit einem virtuosen Musikerduo.

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